Die Schweizer sind die reichsten Menschen der Welt. Zu diesem Ergebnis kommt die Credit Suisse (CS) in ihrer jährlichen Studie zur Entwicklung der Haushaltsvermögen in aller Welt. Die Bank hat den seit 14 Jahren erscheinenden „Global Wealth Report“ am Dienstag erstmals gemeinsam mit der UBS vorlegt, unter deren Dach sie vor wenigen Monaten aus der Not heraus schlüpfen musste. Dem Bericht zufolge verfügte jeder erwachsene Schweizer im Jahr 2022 über ein durchschnittliches Vermögen von gut 685.000 Dollar. Darin ist neben dem Finanzvermögen auch der Immobilienbesitz enthalten. Zwar sind die Vermögen gegenüber dem Vorjahr vor allem wegen der deutlich gefallenen Aktienkurse um rund 13.000 Dollar gesunken. Trotzdem behaupteten die Eidgenossen ihre Spitzenposition in der Reichenrangliste, die sie schon seit einigen Jahren innehaben.
Auf Platz zwei liegen die Amerikaner mit einem Durchschnittsvermögen von 551.400 Dollar gefolgt von Hongkong, Australien und Dänemark. Die Deutschen landeten auf Platz 16, wobei jeder Erwachsene den Erhebungen zufolge durchschnittlich 256.000 Dollar besitzt. Die Schweizer sind also fast dreimal so reich wie die Deutschen. Dies erklärt sich nicht nur aus dem generell hohen Wohlstandsniveau der wirtschaftsstarken Schweiz, die es unversehrt durch zwei Weltkriege schaffte. In einer virtuellen Pressekonferenz führte Nanette Hechler-Fayd’Herbe, Leiterin der CS-Abteilung „Economics & Research“, den großen Abstand zu Ländern wie Deutschland auch auf das Schweizer Rentensystem zurück. Dieses besteht neben der umlagefinanzierten staatlichen Vorsorge auch aus einer obligatorischen beruflichen Rente sowie aus einer freiwilligen dritten Säule, die steuerbegünstigt ist. So haben sich über die Jahrzehnte gleichsam automatisch vergleichsweise große Finanzvermögen aufgebaut.
Die Zahl der Millionäre in Deutschland sinkt
Der Reichtum der Schweiz spiegelt sich auch in der Zahl der dort wohnenden Dollar-Millionäre. Diese beläuft sich auf 1,1 Millionen. In Deutschland, das gemessen an der Einwohnerzahl fast zehnmal so groß wie die Eidgenossenschaft, lebten 2022 indes „nur“ 2,6 Millionen Millionäre. Das waren 253.000 weniger als im Jahr zuvor. Der Rückgang wäre sogar noch höher ausgefallen, wenn man all jene herausgerechnet hätte, deren Vermögen allein wegen der hohen Inflation die Marke von einer Million überschritt.
Global betrachtet ging es mit dem Reichtum im vergangenen Jahr bergab. Nach dem Rekordjahr 2021, in dem die Nettovermögen insgesamt um fast 10 Prozent nach oben schnellten, sanken diese nun um 2,4 Prozent auf 454 Billionen Dollar. Das Vermögen je Erwachsenen rutschte nach den Erhebungen der Bank um 3,6 Prozent auf 84.700 Dollar ab. Ein großer Teil dieses Rückgangs ist freilich auf die Aufwertung des Dollars gegenüber etlichen anderen Währungen, darunter der Euro, zurückzuführen. „Bei konstanten Wechselkursen wären die Gesamtvermögen um 3,4 Prozent gestiegen“, rechnete der Ökonom Anthony Shorrocks vor, der die Studie federführend verfasst hat. Wenn man zusätzlich aber auch noch die Inflationseffekte berücksichtige, ergebe sich für 2022 ein realer Vermögensverlust von 2,6 Prozent. Wie Shorrocks erläuterte, beruhen die Vermögensverluste vor allem darauf, dass Finanzanlagen infolge der Börsenbaisse zum Teil tüchtig an Wert verloren. Die Immobilienpreise seien hingegen mehr oder weniger stabil geblieben. Diese Entwicklung habe dazu geführt, dass die Vermögen etwas weniger ungleich verteilt seien. Denn Ultrareiche hätten einen höheren Aktienanteil und seien daher von einem Abschwung an den Finanzmärkten stärker betroffen als Menschen mit mittlerem Einkommen, die über Grundbesitz verfügten. Das Pendel der Vermögensverteilung könne im laufenden Jahre allerdings wieder in Richtung größerer Ungleichheit ausschlagen, falls die Immobilienpreise infolge der gestiegenen Zinsen fielen, sagte Shorrocks.
Die Studienautoren schätzen, dass das globale Vermögen in den nächsten fünf Jahren insgesamt um 38 Prozent auf 629 Billionen Dollar steigen wird. Die Zahl der Millionäre werde bis zum Jahr 2027 voraussichtlich um 86 Millionen zulegen. Im Jahr 2022 fanden die Autoren 59,4 Millionen Millionäre. Das waren 3,5 Millionen weniger als im Jahr zuvor. Die Vermögen schmolzen vor allem in den wohlhabenden Regionen wie Nordamerika und Europa ab. Auch im asiatisch-pazifischen Raum ging es bergab. In Lateinamerika indes legten die Vermögen zu. Dazu trugen allerdings auch Wechselkurseffekte bei.
In China ist der Wohlstand zwischen 2000 und 2022 so stark gestiegen wie jener in den Vereinigten Staaten über einen Zeitraum von mehr als 80 Jahren. „Wir erwarten, dass sich das Vermögenswachstum in China verlangsamen wird, aber immer noch hoch genug sein wird, um den Abstand zu den USA zu verringern“, heißt es in der Studie. Bis 2027 werde das Vermögen der privaten Haushalte in China 128 Billionen Dollar erreichen.
Author: Peter Morgan
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