Stand: 10.09.2023 06:44 Uhr
Der Bierschnegel findet kaum noch Nahrung und geeignete Lebensräume. Um darauf aufmerksam zu machen, haben die deutschen Weichtierforscher, die Malakologen, den Bierschnegel zum Weichtier des Jahres gekürt.
Der Bierschnegel ist eine Nacktschneckenart. Auch wegen unserer geänderten Lebensweise findet er kaum noch Nahrung oder einen geeigneten Lebensraum.
Der Bierschnegel ist nachtaktiv
Links und rechts der Stadtkirche von Ludwigslust stehen alte noch bewohnte Fachwerkhäuser. An einem dieser Häuser hat ein Ludwigsluster eine ihm unbekannte Schnecke entdeckt und Uwe Jueg ein Foto geschickt. Er engagiert sich ehrenamtlich in der Naturforschenden Gesellschaft Mecklenburg e.V. und konnte den Bierschnegel eindeutig bestimmen. Das Tier ist etwa zehn Zentimeter lang, sein Körper schimmert gelblich-grün und besonders markant sind seine blauen Fühler. Früher kam der Bierschnegel weit verbreitet vor. "Dieser Bereich ist zum Glück noch vom Bierschnegel besiedelt. Er lebt versteckt in Mauerritzen und Fugen. Am Tag kann man ihn nicht entdecken, denn er ist nachtaktiv und kriecht dann umher und versucht, seine Nahrung zu finden." Uwe Jueg sammelt sämtliche Daten über Fundorte und Schneckenarten, die hierzulande gesichtet wurden.
Nacktschnecke bevorzugt feuchte Keller und Kartoffeln
Der Bierschnegel ist kein Salatfresser wie etwa die Weinbergschnecke. Er bevorzugt Kartoffeln, Wurzeln, auch Algen und Flechten, die an Häuserwänden wachsen. "Selbst Kot verschmäht er nicht, er hat also ein breites Nahrungsspektrum. Aber er ist trotzdem äußerst gefährdet, weil sein Lebensraum bedroht ist", so Uwe Jueg. Der Schneckenforscher weiß, dass der Bierschnegel feuchte lichtgeschützte Keller mag. Aber aufgrund vieler Sanierungen bleibt dem Tier immer weniger Raum. An den verputzten Häuserfassaden und auf den gepflasterten Straßen findet es kaum noch Nahrung. "Auch die Nutzungsänderung der Keller ist entscheidend. Früher wurden überall Kartoffeln und Nahrungsmittel gelagert. Das ist heute kaum noch so und für den Bierschnegel bleibt dann nichts mehr." Der Bierschnegel wurde auch schon an Regentonnen und in Brunnenschächten entdeckt. Auch marode Treppen nutzt er tagsüber als Unterschlupf, um ungestört zu sein und sich vor Fressfeinden zu schützen.
Sichtungen in allen Städten des Landes
Landesweit gibt es zum Bierschnegel etwa 200 registrierte Fundmeldungen. Das ist, bundesweit gesehen, die höchste Dichte. In nahezu allen großen und kleinen Städten wurde er gesichtet, etwa in Rostock, Greifswald und Schwerin, auch Parchim, Boizenburg und Wittenburg sind dabei. Selbst in den Dörfern kommt er hierzulande noch vor. "Aber es gibt Bundesländer, da gibt es aktuell keinen Nachweis des Bierschnegels. Je weiter man nach Süden kommt, desto dürftiger wird das," berichtet Uwe Jueg.
Brauereien sind Namensgeber für den Bierschnegel
Ursprünglich hat sich der Bierschnegel sehr gern in großen kühlen Brauereien aufgehalten. Deshalb wird er Bierschnegel genannt. In den Brauereien fand die Schnecke ideale Bedingungen vor. Es war feucht, Getreidekörner lagerten dort als Nahrungsquelle und in den dunklen Gewölbespalten konnte sich das Tier gut verstecken.
Biologielehrer weckte Interesse
Uwe Jueg ist Lehrer für Biologie und Chemie in Ludwigslust. Seit seiner Kindheit interessiert er sich für Schnecken, sein eigener Biologielehrer hatte ihn damals dafür begeistert. "Es gibt natürlich viele tropische Arten, die Meeresarten, die meisten Menschen sagen immer Muscheln dazu, aber es sind in der Mehrzahl Schnecken. Das sind wunderschöne Schalen und die sind auch ästhetisch, etwas Besonderes und die reizen natürlich, sich mit diesen Tieren zu beschäftigen. Und dann wird man Malakologe." So nennen sich die Weichtierforscher.
Bierschnegel ist harmlos
Uwe Jueg konzentriert sich auf die heimischen Arten. In Mecklenburg-Vorpommern leben etwa 20 verschiedene Nacktschneckenarten. Anders als beispielsweise die Spanische Wegschnecke, die im Garten und in der Landwirtschaft häufig Schaden anrichtet, ist der Bierschnegel harmlos. Deshalb hofft der Ludwigsluster, dass Menschen das Tier akzeptieren und tolerieren: "Ich wünsche mir, dass gerade auch diese Schnecke einen Platz in unserer Kulturlandschaft findet. Dass die Menschen vielleicht auch mal einige Gebäudeabschnitte nicht so drastisch sanieren oder nicht alles so akribisch aufräumen, dass die Bierschnegel eben auch ein bisschen Nahrung behalten."
Sichtungen melden
Momentan sind Uwe Jueg und seine Mitstreiter dabei, den Verbreitungsatlas der Schnecken hierzulande zu aktualisieren. Wer einen Bierschnegel entdeckt oder sich bei der Bestimmung nicht sicher ist, sollte das Tier fotografieren und Informationen zum Fundort an die Naturforschende Gesellschaft Mecklenburgin Ludwigslust schicken. Denn der Bierschnegel wird leicht mit dem Gefleckten Schnegel verwechselt, der auch blaue Fühler hat. Schneckenforscher kennen sich aber mit den kleinen feinen Unterschieden aus, bestimmen die Tiere eindeutig, kartieren diese und davon wiederum profitiert die Wissenschaft.
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Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 10.09.2023 | 12:00 Uhr
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Author: Brandy Taylor
Last Updated: 1702012442
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